Aus der Klinik und Poliklinik für Mund, Kiefer und Gesichtschirurgie
der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
-Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Ulrich Joos-
Referent: Univ.-Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Ulrich Joos
Koreferent: Priv. Doz. Dr.med.dent. U.Stratmann

Zusammenfassung

Adelt, Thomas

Quantitative Mikrosondenanalyse im Osteoid und angrenzenden Mineral der Schädelsutur (Sutura sagittalis) 3 Wochen alter Ratten

Schädelsuturen (Sutura sagittalis) 3 Wochen alter Ratten werden nach entsprechender Präparation quantitativ elementanalytisch ausgewertet. Zur Orientierung werden zuerst mit unterschiedlichen histologischen Färbemethoden lichtmikroskopische Untersuchungen durchgeführt. Mit Hilfe der Elektronenstrahlmikroanalyse werden in definierten Regionen die Konzentrationen der Elemente Kalzium, Phosphor, Natrium, Kalium, Magnesium und Schwefel quantitativ bestimmt. Für die an die Sutur angrenzenden Schädelknochen ergeben sich folgende Werte: Kalzium 30 Gew%, Phosphor 15 Gew%, Natrium 0,5 Gew%, Kalium 0,5 Gew%, Magnesium 0,3 Gew%, Schwefel 0,3 Gew%. Im Osteoid der Schädelsutur werden von uns für Kalzium 0,1-0,45 Gew% und Phosphor 0,2-0,4 Gew% ermittelt. Natrium ist durchschnittlich in einer Konzentration von 1,2-2,8 Gew%, Kalium 0,5-2 Gew%, und Schwefel 1,2-2,6 Gew% vorhanden.

Diese Ergebnisse stärken die Annahme, daß Regionen einer Kalium und Natriumanreicherung einer Kalziumanreicherung vorausgehen. Die gemessenen Konzentrationen für die Elemente Kalzium und Phosphor im Osteoid der Schädelsutur sind in vitro ausreichend für eine spontane Kalzium-Phosphatausfällung. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß fast der gesamte Kalzium und Phosphoranteil gebunden ist, um eine unkontrollierte Mineralisation auszuschließen. Zunächst binden sich Kalium statt Kalziumionen an die negativen Gruppen der zukünftigen Nukleationszentren. Kalium wird später, nach "Aktivierung" der organischen Matrix, durch Kalzium verdrängt und es kommt zur Kalzium-Phosphatanreicherung mit nachfolgender Apatitbildung.

Ausgehend von der Vorstellung, daß Natrium und Kalium die Nukleationszentren der Matrixmakromoleküle blockiert und somit eine zu frühe Mineralbildung verhindert, müßten die Konzentrationen dieser Elemente reduziert werden, bevor eine Kalzium-Phosphatausfällung möglich wird. Diesen Schluß lassen die von uns ermittelten Konzentrationsgradienten, die sich bei einer Entfernung von 10 µm kontinuierlich in 1µm Schritten der Mineralisationsfront nähern, zu. Die Werte für Natrium fallen mit zunehmender Nähe zur Mineralisationsfront von 2,8 auf 1,2 Gew%, und die für Kali-um von 2 auf 0,5 Gew% ab.